Teilprojekt B2
Numerische Untersuchungen zum Einfluss des Umformvorgangs auf die Funktion von Piezo-Metall-Verbunden
Leiter:
Prof. Dr.-Ing. habil. Prof. E. h. Dr.-Ing. E. h. Dr. h.c Reimund Neugebauer
Fraunhofer Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU
Reichenhainer Straße 88
09126 Chemnitz
Telefon: 0371 / 5391-1401
Telefax: 0371 / 5391-1404
E-Mail: reimund.neugebauer@iwu.fraunhofer.de
PD Dr.-Ing. Welf-Guntram Drossel
Fraunhofer Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU
Reichenhainer Straße 88
09126 Chemnitz
Telefon: 0371 / 5391-1304
Telefax: 0371 / 5391-1447
E-Mail: welf-guntram.drossel@iwu.fraunhofer.de
Ansprechpartner:
Dipl.-Ing. Sebastian Hensel
Fraunhofer Institut Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU
Nöthnitzer Strasse 44
01187 Dresden
Telefon: 0351 4772-2421
Telefax: 0351 4772-2403
E-Mail: sebastian.hensel@iwu.fraunhofer.de
Die Mikrostrukturen von Piezo-Patches können in den globalen Modellen keine Berücksichtigung finden, da bei korrekter Abbildung der Keramikfasergeometrie und weiterer beteiligter Kunststoffkomponenten eine zu aufwendige Ortsdiskretisierung des Problems mit der damit verbundenen stark erhöhten Berechnungsdauer entsteht. Daher wird für den Piezo-Patch ein homogenisiertes orthotropes Ersatz-Materialmodell gebildet. Grundlage der Homogenisierung bildet die numerische Betrachtung des Patches an der kleinsten zyklisch wiederkehrenden Struktureinheit, der Einheitszelle, deren Geometrie in Schliffen ermittelt wurde (Abb. 1). Mittels der Methode der Äquivalenz der elastischen Arbeit [1, 2] lässt sich anhand geeignet gewählter Lastfälle eine Verschmierung der bekannten Materialparameter der Patch-Komponenten vornehmen [3].

Abb. 1: rechts: Geometriemodell Einheitszelle abgeleitet aus Schliffbildern der Faserstruktur (links)
Nach Aufbringung (Abb. 2) und Auswertung der Lastfälle stehen die Koeffizienten der homogenisierten Steifigkeitsmatrix zur Verfügung, aus denen sich die ingenieurmäßigen orthotrop linear-elastischen Materialkonstanten extrahieren lassen.

Abb. 2: Lastfall biaxialer Zug, Verformungen überhöht dargestellt
Basierend auf den Lastfällen der Homogenisierung lassen sich globale Spannungen und Dehnungen des homogenisierten Materials in der Umformsimulation auf die Einheitszelle übertragen, um hier lokale Spannungen, die z.B. auf die Piezofaser wirken, auszuwerten. Durch die Berechnung der Faserbelastung an jedem Diskretisierungsort im globalen Modell kann die gesamte Piezo-Patchbelastung ortsaufgelöst visualisiert werden [4].

Abb. 3: Streckziehen Stempelradius 50 mm, links: berechnete Verteilung der elastischen Arbeit der
Piezofasern (Viertelmodell, entspricht dem durch gelbe Linien begrenzten Bereich im rechten Bild),
rechts: Röntgenaufnahme umgeformter Piezo-Patch im durchleuchteten Blechbauteil
Werden in der Umformung höhere Belastungen des Patches mit massiver Faserrissentwicklung erreicht, ist der linear-elastische Ansatz nicht mehr gültig. Eine Vorhersage der Versagenswahrscheinlichkeit und des Performanceverlusts der Piezofaserbauteile aus der Simulation heraus ist nur im Vergleich mit zusätzlichen validierten Berechnungen ähnlichen Belastungsgrades möglich. Eine Rissdichte entsprechend Abb. 4 verursacht einen starken Einbruch der Funktionsfähigkeit der Patches im Bauteil. Eine geringfügigere Rissentwicklung ähnlich Abb. 3 beeinträchtigt die Performance des Patches jedoch nur wenig, da über die regelmäßige Kontaktierung trotz der Risse ausreichend Piezofaservolumen angesteuert werden kann.
Abb. 4: Tiefziehen Stempelradius 25 mm, links: berechnete Verteilung der elastischen Arbeit der
Piezofasern (Viertelmodell, entspricht dem durch gelbe Linien begrenzten Bereich im rechten Bild),
rechts: Röntgenaufnahme umgeformter Piezo-Patch im durchleuchteten Blechbauteil
Zur numerischen Beschreibung der Degradation und des Performanceverlusts der Piezofaserbauteile sind in der zweiten Förderperiode im Teilprojekt B2 umfangreiche experimentelle und numerische Untersuchungen geplant. Die Performanceminderung kann somit durchgängig in Abhängigkeit vom vorherrschenden kombinierten Belastungszustand durch die numerische Simulation vorhergesagt werden. Für Bauteile, die einen tolerierbaren Verlust an Funktionsfähigkeit zulassen, können somit höhere Umformgrade der kapselnden Bleche erreicht werden, was die Produktvielfalt steigert. Darüber hinaus lassen sich Aussagen zur Sensitivität der Patchpositionstoleranz während des Umformvorganges treffen.
Abb. 5: Zugversuch Piezopatch mit starker Rissentwicklung (links Ausgangs-, rechts Endzustand)
Literaturstellen
[1] Schmidt, R.: Berechnung elastischer Konstanten für inhomogene Bauteile mit periodischer Struktur, 19. CAD-FEM User’ s Meeting, Potsdam (2001)[2] Kranz, B., Drossel, W.-G.: Rechnerische Beanspruchungsermittlung bei adaptiven Kompositen mit Piezokeramischen Fasern, Darmstadt 15./16.03.2006, DVM-Bericht 901, Seite 43-52
[3] R. Neugebauer, R. Kreißig, L. Lachmann, M. Nestler, S. Hensel, M. Flössel: Piezo-Module-Compounds in Metal Forming - Experimental and Numerical Studies; 8th International Conference in Mechatronics 2009, 18.11.2009 - 20.11.2009, Luhačovice, Czech Republic; August 2009
[4] Reimund Neugebauer, Lutz Lachmann, Welf-G. Drossel, Matthias Nestler, Sebastian Hensel: Multi-layer compounds with integrated actor-sensor-functionality, Production Engineering Research Development, Production Engineering, Volume 4, Number 4 (2010), 379-384, DOI: 10.1007/s11740-010-0255-0